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Nicolas Höfler
Nicolas Höfler

„Wusste gar nicht, ob der SC Freiburg mich zurück will“ – Nicolas Höfler im Interview

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Nik Staiger sprach mit Nicolas Höfler über den aktuellen Erfolg des Vereins, sein Aufwachsen und seine Entwicklung beim SC Freiburg, seine Zeit bei Erzgebirge Aue und wie sein Spitzname „Chicco“ zustande kam. (02.11.2021)

Nik Staiger: Dritter Platz. Noch ungeschlagen. Die beste Defensive der Liga. Der SC Freiburg ist das Team der Stunde. Wie fühlt sich das an?

Nicolas Höfler: Es ist ein sehr gutes Gefühl. Derzeit läuft es bei uns und wir haben alle viel Spaß am Fußball. Wir sind weiterhin ungeschlagen und versuchen alles, um das solange wie möglich aufrecht zu erhalten. Und natürlich genießen wir den Moment, weil wir auch wissen, dass diese Serie irgendwann enden wird. Aber derzeit ist es sehr schön.

Warum läuft es aktuell so gut?

Wir arbeiten als Team einfach richtig gut zusammen. Wir funktionieren gemeinsam noch besser. Die Spieler sind individuell auch noch stärker geworden. Dazu haben wir sehr gute Neuzugänge bekommen. Nico Schlotterbeck, der in der Innenverteidigung einen super Job macht, aber auch Mark Flekken, der letzte Saison nicht spielen konnte. Als externer Neuzugang auch Maxi Eggestein, der sich gut in unser Team eingefügt hat. Und natürlich die Jungen, die von hinten richtig Dampf machen und für den notwendigen Konkurrenzkampf sorgen. Das pusht uns enorm.

Trotzdem war es nach dem Tiefpunkt gegen Mainz 05 auch dein persönlicher Aufschwung, der die Mannschaft mitgezogen hat. Wie hast du das erlebt?

Ich saß anfangs auf der Bank und wir haben insgesamt kein gutes Spiel gemacht. Danach gab es dann in der Kabine deutliche Worte von Christian Streich und dem Trainerteam. Intern wurde alles klar und deutlich besprochen. In den kommenden Wochen setzte dann die Verbesserung ein. Wir haben zwei Spiele Unentschieden gespielt und dann kam die Siegesserie über fünf Spiele. Es hat sich einiges geändert, wir haben alle nochmal besser trainiert, das habe ich so noch nicht gesehen. Und das hat sich dann auf die Spiele übertragen.

Nicolas Höfler vs Leipzig 2019

Noch im Dreisamstadion: Nicolas Höfler bejubelt 2019 seinen Treffer gegen Leipzig (Quelle: nur-der-scf.de)

Auffällig war diese Saison eine Eckballvariante, bei der du immer an den kurzen Pfosten gelaufen bist und den Ball verlängert hast. Zuletzt hat Lienhart in einer Rotationsbewegung von dort getroffen. Eigentlich wollte ich fragen „Wann köpfst du denn mal selbst?“, aber so fiel am Samstag das Tor gegen Fürth. Sind solche Ideen einstudiert?

Ich laufe dort gerne hin, um den Ball ins Zentrum zu verlängern – egal ob er zu kurz gekommen ist oder zu mir kommen sollte. Aber das ist nicht der einzige Plan. Vor allem die Stammspieler sind mittlerweile gut abgestimmt, sodass wir alle Räume besetzen können. Da hat jeder so seine Laufwege gefunden. Dabei versuchen wir aber natürlich, nicht zu ausrechenbar zu sein und immer mal etwas zu verändern. Bis ins Detail vorausgeplant ist das aber nicht.

Das Pokalspiel gegen Osnabrück musstest du kurzfristig von der Bank verfolgen. Christian Streich sagte nach dem Spiel, dass du schon länger mit muskulären Problemen zu kämpfen hast. Wie geht es dir aktuell?

Mir geht es gut. Ich habe auch jetzt das Spiel (gegen Fürth) gut überstanden und keine Probleme damit gehabt. Ich denke, dass das auskuriert ist.

Wenn es vom Trainer bspw. Systemumstellungen oder Taktikänderungen gibt, läuft die Kommunikation an die Mannschaft oft über dich. Wirst du dafür extra vorbereitet?

Ich denke, dass das gar nicht direkt an mich geht. Er zeigt das mehreren Spielern und dann versuchen wir, das schnell an die gesamte Mannschaft zu kommunizieren. Da ich in der Mitte spiele, ist das oft ein guter Weg. Viel vorzubereiten gibt es da nicht, meistens zeigt er die Formation mit den Fingern und ich weiß schon, wie er sich das mit den Spielern auf dem Feld vorstellt. Und dann versuchen wir natürlich, das schnell umzusetzen und die Stabilität wieder herzustellen.

Streich lobte in der Vergangenheit besonders deine Fähigkeiten, das Spiel zu lesen. Wie lernt man das? Sonderschichten bei Christian Streich in der U19?

In gewisser Weise waren es auch Sonderschichten, aber nicht explizit als solche. Wir haben schon in der Jugend viel taktische Arbeit gemacht, da gab es auch viele Sitzungen mit dem Trainer, in denen ich sowas gelernt habe. Da sind es aber meistens Einzelszenen, die man sich anschaut. Das muss man sich natürlich über die Zeit behalten. Auch heute versuche ich in Videositzungen noch, etwas ich aus dem Gezeigten mitzunehmen, und zu schauen, wo ich mein Spielverständnis verbessern kann.

Deinen ersten Einsatz unter Streich hattest du 2007 eben in der U19. Wie würdest du eure Beziehung beschreiben?

Vermutlich anders als man denkt. Es ist nicht so, als würden wir jeden Tag Kaffee trinken gehen. Eigentlich ist es ein ganz normales Trainer-Spieler-Verhältnis. Mit dem Unterschied, dass wir uns schon lang kennen. Wir wissen, wie der andere tickt, und wie wir am besten miteinander umgehen können. Das macht vieles leichter.

Ihr habt gemeinsam die A-Jugend-Bundesliga gewonnen. Wie war das für dich?

Es war super. Es ist einfach ein grandioses Gefühl, die beste Mannschaft Deutschlands zu sein. Vor allem wenn man bedenkt, wie viel gute Nachwuchsarbeit es in Deutschland gibt. Das war ein ganz besonderer Moment.

Wie hat Streich sich verändert? Das erste gemeinsame Spiel ist ja bald 15 Jahre her.

Er ist ja bekannt dafür, dass er sehr emotional ist. Das hilft uns oft und pusht uns nochmal, aber ich denke, über die Zeit ist er etwas ruhiger geworden. Die Emotionalität kommt dosierter durch.

Wie entstand auf diesem Weg dein Spitzname „Chicco“?

Das ist eigentlich eine unspannende Geschichte. Als ich ganz klein war, vier oder fünf Jahre alt, war ich bei meiner Tante und meinem Onkel und ich habe ihnen andauernd Spitznamen gegeben, um sie zu ärgern. Dann haben sie angefangen, mich „Chicolas“ zu nennen. Das hat sich dann abgekürzt zu „Chicco“ und über meine Eltern, Freunde und die Jugendteams ist das bis heute erhalten geblieben.

Du warst die 15 Jahre jedoch nicht am Stück beim SC, sondern zwei Jahre leihweise bei Erzgebirge Aue. Wie war diese Erfahrung für dich? Es gab Gerüchte, dass du gerne dort geblieben wärst.

Die Zeit in Aue war cool. Anfangs war es eine große Umstellung. Aue ist eine kleine Stadt. Sie hatten damals ein sehr altes Stadion, da musste man sich definitiv erstmal eingewöhnen. Ich bin dorthin verliehen worden, um in der zweiten Liga viel Spielzeit zu bekommen. Das hat im ersten Jahr nicht so gut geklappt, deshalb haben wir die Leihe verlängert und im zweiten Jahr konnte ich viele Einsätze sammeln.  Mein Ziel war es aber immer, wieder nach Freiburg zum SC zurückzukehren. Ich wusste aber lange gar nicht, ob man mich zurück will. Zu der Zeit lief echt gut und sie hatten eine Stammbesetzung auf meiner Position. Dann kam ich aber doch zurück. Der Rest ist bekannt. Ich bin sehr froh, dass ich in Freiburg bleiben konnte.

Mooswaldstadion vs Greuther Fürth

Gegen Greuther Fürth waren alle Heimtickets ausverkauft und die Stimmung „richtig toll“. (Quelle: nur-der-scf.de)

Ein älteres Stadion hatte auch der SC Freiburg. Du bist am Dreisamstadion aufgewachsen. Wie fühlt es sich an, nach so langer Zeit sein Zuhause zu verlassen?

Es ist natürlich erstmal komisch. Ich bin schon als Jugendlicher zu den Spielen ins Dreisamstadion gekommen. Das jetzt zu verlassen, ist schwer. Aber andererseits haben wir ein tolles neues Stadion. Wir finden uns hier schon gut zu Recht und jetzt müssen wir es mit den Fans schaffen, eine neue Heimat aufzubauen. Wir hatten einen guten Einstand gegen Leipzig und jetzt einen Sieg gegen Fürth. Das macht es natürlich leichter, als mit einer Pleitenserie zu starten und sich nach dem alten Stadion zu sehnen. Das Stadion war wieder voll und die Fans waren super, es war eine richtig tolle Stimmung bisher.

Auch privat hat sich bei dir viel getan. Du hast fünf Kinder. Kriegst du überhaupt genug Schlaf, um beim Training und im Spiel vollen Einsatz geben zu können?

Meine Frau unterstützt mich da sehr gut. Sie weiß, was ich als Profisportler brauche und verschafft mir dann die nötige Ruhe und Zeit. Vor Spieltagen schlafe ich in einem anderen Zimmer, um genug Erholung zu bekommen. Aber auch an Auswärtsspieltagen, an denen sie ganz alleine mit fünf Kindern ist, nimmt sie mir natürlich viel Arbeit ab. Ohne meine Frau wäre das alles gar nicht möglich, ohne sie hätte ich aber natürlich auch keine fünf Kinder. (lacht)

Zusammen mit deiner Frau hast du eine Kampagne gegen Gewalt und Missbrauch an Kindern gegründet. Wie kam es dazu?

Wir haben uns schon länger für wohltätige Zwecke engagiert, vor allem durch Geldspenden. Dann wollten wir regional etwas mehr machen und sind an die Stiftung Wir helfen Kindern e.V. herangetreten. Diese haben uns an Wendepunkt e.V. vermittelt, die gerade an einem Projekt gegen Missbrauch und Gewalt an Kindern gearbeitet haben. Da wir selbst Kinder haben, passt das ganz gut. Auch weil es hier in Freiburg vor 1-2 Jahren einen entsprechenden Fall mit einem Trainer gab, wollten wir uns da einbringen.

Quelle Titelbild: SC Freiburg

Autor: Nik Staiger (Twitter @Nik_Staiger)

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